VS: Herr Jahn, was braucht es, damit die Digitalisierung von Schulen erfolgreich verläuft?
Wir dürfen die Digitalisierung nicht als Einzellösung sehen. Entscheidend ist, den Dreiklang zwischen Ausstattung – digitaler wie mobiliarer –, Pädagogik und Architektur zu finden. Wie dieser Dreiklang harmonisch wird, ist von Schule zu Schule anders. Einem Gebäude, das 150 Jahre alt ist, können wir auch mit einem LAN-Kabel nicht mehr das Fliegen beibringen. Hier muss nach weiteren Lösungen gesucht werden. Zentral ist zudem: Wenn die Pädagogik die digitale Ausstattung nicht akzeptiert, wird es schwierig. Wir müssen also die Lehrkräfte erreichen und dürfen ihnen nicht eine Lösung vorsetzen, die sich irgendwelche Schreibtischtäter in den Behörden ausgedacht haben.
VS: Wie gelingt Ihnen das in Offenbach?
Indem wir alle drei Akteure an einen Tisch bringen, ob virtuell oder in Präsenz: Lehrkräfte, Schulträger, Architekten. Am Anfang müssen wir die pädagogischen Bedarfe feststellen. Wir fragen also die Schulleitung und das Kollegium: Was glaubt ihr, dass ihr in eurer Schule braucht? Dazu geben wir ihnen Planungswerkzeug an die Hand, etwa Raumbücher, aber auch die Grundstrukturen, die wir von Behördenseite als Standard sehen. Ganz wichtig ist zudem, direkt das Thema Geld anzusprechen. So können wir gemeinsam schauen, wo bei den gemeldeten Bedarfen und dem vorhandenen Budget Spielraum ist, um unsere Ziele zu erreichen. Erst dann fängt das bürokratische Procedere an, zum Beispiel mit Ausschreibungen.
VS: Welche Rolle spielt hier das Schulamt?
Wir übernehmen die Rolle des Moderators und achten darauf, dass wir immer offen und transparent kommunizieren. Wir nehmen Dinge nicht einfach hin, weil sie schon immer so waren, sondern stellen alles immer wieder auf den Prüfstand. Wir wagen es, Dinge neu zu denken und zu schauen, wo wir dann landen. Ich muss gestehen: Das ist mühselig. Aber es bringt uns weiter.
VS: Haben Sie ein konkretes Beispiel?
Nehmen wir die Raumnot, die uns als Schulträger am meisten umtreibt. Wir müssen unseren Schulgebäuden bis 2026 „beibringen“, wie sie den Ganztag mit einer sehr hohen Qualität und Quantität umsetzen können. Bei dem Gedanken „Ganztag“ tauchen im Grundschulbereich bei vielen Lehrkräften Verlustängste auf. Nachvollziehbar, weil ihr Klassenzimmer mit ihren Materialien nach ihrem Unterricht anders genutzt wird. Deshalb müssen wir gemeinsam mit den Lehrkräften überlegen: Was können wir tun, damit die Klassenräume nach dem regulären Unterricht im Ganztag nutzbar werden.