Stilprägend als Architekt und Möbeldesigner
Egon Eiermann entwarf Möbel für den Lebensalltag, in klarer Formensprache den Bedürfnissen des Körpers angepasst. Er war der Erste, der im Nachkriegsdeutschland Serienmöbel konzipierte, die konsequent in der Tradition der Moderne standen und internationalem Maßstab an Form und Funktionalität Stand hielten. Ein Meilenstein in der modernen Möbelgestaltung.
»Ich frage mich zuerst, ob etwas richtig und dann, ob etwas schön ist«
Egon Eiermann (1904 – 1970) Architekt und Möbeldesigner: Zum architektonischen Gesamtkonzept gehörte für Eiermann auch die Möblierung.
1904
Egon Eiermann wird am 29. September 1904 in Neuendorf, heute Teil von Potsdam-Babelsberg, geboren.
1928
Nach dem Studium geht Egon Eiermann in das Baubüro der Karstadt AG, anschließend zu den Berliner Elektrizitätswerken.
1931
Eiermann wird Mitglied des Deutschen Werkbundes und des Bundes Deutscher Architekten.
Er gründet sein eigenes Büro.
1937
Eiermann entwirft für die Propaganda-Ausstellung »Gebt mir vier Jahre Zeit«. Ab 1938 plant das Büro Industriebauten.
1942
SE 42 – Unikat mit drei Beinen
Sitzschale und Rückenlehne optimal an menschliche Formen angepasst: der Dreibeinstuhl SE 42 besteht komplett aus Formholz. Ein Unikat mit höchst charakteristischer Linienführung.
1945
Nach Kriegszerstörung seines Berliner Büros erfolgt ein Neubeginn als Architekt in Mosbach im Odenwald.
1948
Architekturbüro Karlsruhe
Eiermann verlegt sein Architekturbüro nach Karlsruhe, wo er bis zu seinem Tod als Architekt tätig bleibt.
1949
SE 40 / SE 43 - Drehstuhl und Hocker, klassisch
Bitte Platz nehmen! Drehhocker SE 43 und Drehstuhl SE 40 glänzen mit allen Stärken des Eiermann-Designs: ihre unverkennbare Präsenz verschaffen sie sich auf unprätentiöse Weise.
1950
Hocker S 38 S/1 und SB 38 – 1950
Stapelbarer Hocker S 38 S/1 und Barhocker SB 38: Ihre filigran geformte Sitzfläche und schlanke Konstruktion zeugen von einer Eleganz, die sich nie in den Vordergrund drängt.
1950
In den USA setzt sich Eiermann mit amerikanischem Design auseinander; er trifft Gropius, Breuer, später auch Mies van der Rohe.
1950
Klarheit als Programm
Organisch geformte Sitzfläche und Rückenlehne aus Formholz: Der Vierbeinstuhl SE 68 SU ist stapelbar und für die Bestuhlung von Großräumen auch mit Reihenverbindung ausrüstbar.
1950
VS entwickelt den Holzkufenstuhl. Der Schulstuhl-Klassiker wird in den folgenden Jahrzehnten oft kopiert.
1951
SE 68 – Schlankes Stahlrohr, organische Formen
Minimalistische, aber dennoch ausdrucksstarke Linie: Der Klassiker von 1951 liegt noch heute im Trend. Den Vierbeinstuhl gibt es auch mit Armlehnen und Schreibstütze.
1951
Eiermanns preisgekrönte Taschentuchweberei in Blumberg erlangt Vorbildcharakter; er wird Gründungsmitglied des Rats für Formgebung.
1951
SE 330 – Minimalismus mit maximaler Wirkung
Gestalterisches Programm, überzeugend verwirklicht: Der Couch- bzw. Cafétisch SE 330 ist ebenso leicht wie standfest, schlank wie substanziell, edel wie zurückhaltend leger.
Beginn der 1950er Jahre
Zwischen 1949 und 1954 entstanden jene Modelle, die heute zu den wegweisenden Leistungen der 1950er Jahre gezählt werden und Eiermann seinen Platz unter den Klassikern des modernen Möbeldesigns sicherten.
1952
SE 18 – Macht einfach klapp!
Klappstuhl SE 18: seit 1953 im Museum of Modern Art in New York, 1958 auf der Weltausstellung in Brüssel – er hat noch heute nichts von seinem ursprünglichen Charme verloren.
1953
Matthäuskirche in Pforzheim: gestalterisch eingesetzt sind ein einfaches Betonskelett und Wandflächen mit Wabenfenster-Elementen.
1954
Mit dem von Karl Nothhelfer entworfenen Stapelstuhl KN-38 bringt VS einen in seiner schlanken Funktionalität dezidiert modernen Stuhl auf den Markt, der noch heute produziert wird.
1955
Als stilprägender Hochschullehrer und Architekt wird Eiermann Mitglied der Akademie der Künste in Berlin.
1956
Das neue VS-Verwaltungsgebäude (Entwurf Karl Nothhelfer) wird fertiggestellt. In seiner geradlinig klaren Konzeption legt der Bau ein architektonisches Bekenntnis zur Nachkriegs-Moderne ab.
1958
Ein Höhepunkt seiner Karriere: der mit Sep Ruf aus Glaskuben realisierte Deutsche Pavillon für die Weltausstellung in Brüssel.
1958
Deutscher Pavillon Brüssel
Kontinuität der Moderne: Mit seinen undogmatischen, an den Idealen des Bauhauses orientierten Entwürfen bestimmt Eiermann das Bild der jungen Bundesrepublik. Zu seinen bedeutendsten Bauten zählt der (in Zusammenarbeit mit Sep Ruf entstandene) international beachtete Deutsche Pavillon auf der Weltausstellung in Brüssel 1958.
1958
Die deutsche Pavillongruppe für die Brüsseler Weltausstellung wird von Egon Eiermann in Zusammenarbeit mit Sep Ruf gestaltet. VS präsentiert darin zum Thema Erziehung und Bildung u.a. moderne Stahlrohr-Drehstühle (Entwurf Falk Müller).
1958
Für die Neckermann AG baut Eiermann die sechsgeschossige, 300 Meter lange Firmenzentrale in Frankfurt am Main.
1958
SBG 197R – Urbild des modernen Bürostuhls
Überzeugend funktional und der absolute Favorit vieler Architekten: Zur Weltausstellung 1958 schuf Egon Eiermann den Drehstuhl mit der konstruktiven Sonderform des Brüsseler Gestells.
1960
Ein Hauptthema der XII. Triennale in Mailand ist die Schule. Zum ausgestellten Schulmobiliar der deutschen Abteilung gehört auch der von Falk Müller entworfene VS-Drehstuhl.
1960
Kaufhaus mit Wabenfassade
Viel kritisiert, dabei aber ein unverkennbares Stück Nachkriegs-Deutschland: Die »Horten-Kacheln« – die von Eiermann konzipierte Ornament-Verkleidung des Kaufhauses Horten. Sie ermöglichte höchst flexible Gebäudegrundrisse und schuf zudem durch bauliche Vereinheitlichung eine durchgängige Corparate Identity für die Kaufhaus-Kette.
1960
Die berühmte Horten Fassade: Eiermann entwickelt eine vorgesetzte abstrakte Fassade ohne Bezug zum städtebaulichen Kontext.
1961
Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche Berlin
Eiermanns Neubau von 1961 stellt eines der berühmtesten Bauwerke der Nachkriegsmoderne in Deutschland dar – an zentralem Ort im damaligen Westteil Berlins. Das moderne Ensemble aus achteckigem Kirchenschiff, separatem Glockenturm, Foyer und Kapelle steht für einen verantwortungsvollen und reflektierten Umgang mit dem Thema Wiederaufbau.
1961
Teil des Eiermann-Neubaus der Gedächtnis-Kirche Berlin: die von VS in der betriebseigenen Ausbildungswerkstatt restaurierte Bestuhlung des Gebäudes.
1961
Eiermann gewinnt den Wettbewerb und realisiert den Wiederaufbau der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche in Berlin.
1964
Für die Deutsche Botschaft in Washington konzipiert Eiermann eine terrassenförmige, ins Gelände integrierte Anlage.
1965
Die Idee des Architektentisches – Tischgestell E1/E2
1953 entwirft Eiermann das berühmte Tischgestell E1 aus Metall für die Arbeit des Architekturbüros. Die Konstruktion besteht aus zwei Seitenteilen, die mit einem diagonalen, in einer Ebene liegenden Kreuz zu einem Tischgestell fest verschweißt wurden; darauf liegt eine einfache Holzplatte. Sein Assistent modifiziert 1965 den Tisch zum demontierbaren und transportablen E2.
1967
Hauptverwaltung der IBM in Stuttgart – einer der wichtigsten Bauten im späten Schaffen von Eiermann.
1968
Die Hochhaustürme von Olivetti in Frankfurt werden erst zwei Jahre nach Eiermanns Tod fertiggestellt.
1969
Architektonischer Ausdruck der Demokratie – Abgeordneten-Hochhaus in Bonn
Egon Eiermann gilt als Baumeister der frühen Bundesrepublik. Davon zeugt nicht zuletzt sein 1969 eingeweihtes Bonner Abgeordneten-Hochhaus. Zum architektonischen Ausdruck der jungen Nachkriegs-Demokratie gehören für Eiermann Logik, Reinheit, Klarheit.
1969
Das Abgeordneten-Hochhaus des Bundestages in Bonn, der sogenannte »Lange Eugen« – einer der berühmtesten Eiermann-Bauten.
Egon Eiermann 1904 – 1970
Als einer der Großen der deutschen Nachkriegsarchitektur zählte Egon Eiermann zu den Verfechtern einer funktionalen Ästhetik und konstruktiven Klarheit. Er galt als bedeutender Verfechter des Neuaufbaus im kriegszerstörten Deutschland. Die Kontinuität des modernen Bauens in der jungen, weltoffenen Bundesrepublik beruht wesentlich auf seinem Einfluss.
1970
Als Architekt, Möbeldesigner und Hochschullehrer einer der bedeutendsten Anreger Nachkriegsdeutschlands: Eiermann stirbt am 19. Juli 1970.
2004
Egon Eiermann wird eine Briefmarke der Deutschen Post gewidmet.
Lizenzgeber der "Eiermann-Collection" ist Wilde+Spieth.