Richard J. Neutra - Architekt und Möbeldesigner
Richard J. Neutra 1892 - 1970
Geboren und aufgewachsen im Wien der Jahrhundertwende – in diesem Schmelztiegel der Modernität, in dem Architektur, Kunst, Musik und Sprache in Frage gestellt und neu interpretiert wurden. Neutras engster Freund hieß Ernst und war der Sohn von Sigmund Freud. In Wien erhielt Richard J. Neutra wichtige und seine gesamte Arbeit prägende Anregungen.
Architekturstudium
Richard J. Neutra studierte Architektur an der Technischen Hochschule Wien. Das Wien der Studienzeit Richard Neutras war geprägt durch die Bauten Otto Wagners zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Neutra war ein Anhänger des bedeutenden Jugendstil-Architekten.
Geprägt von Adolf Loos
Im Rahmen seines Architekturstudiums besuchte Neutra auch die private Bauschule von Adolf Loos in Wien, der als Wegbereiter einer geradlinigen und schnörkellosen Moderne nachhaltigen Einfluss auf ihn ausübte. Seine berühmteste Schrift ist der Vortrag „Ornament und Verbrechen“ (1908). Die Villa Müller, 1930 in Prag entstanden, ist klares Zeugnis des Modernisten Loos.
© Albertina, www.albertina.at
Verflochten mit der Natur
Richard J. Neutra: „Es war Gustav Ammann, dem ich mein Verständnis dafür zu danken habe, dass die Entstehung von Architektur immer auch eng verflochten ist mit der Natur und der sie umgebenden Landschaft.“
Architektur und Landschaft
1919 verbrachte Neutra eine lehrreiche Zeit bei Gustav Ammann, dem bedeutenden Schweizer Garten- und Landschaftsarchitekten. Ammann gestaltete Gärten, welche die Architektur in den sie umgebenden Raum erweitern und durch Sichtachsen ein Gesamtwerk entstehen lassen. Der stets wichtige Bezug zur Natur in Neutras Architektur und seine später von ihm als „Biorealismus“ bezeichnete Grundhaltung einer „inhärenten und untrennbaren Beziehung zwischen Mensch und Natur“ sind Zeugnis des Einflusses von Ammann.
(Quelle: GTA Verlag ETH Zürich)
Berliner Moderne
Anfang 1921 wurde Neutra Stadtplaner in Luckenwalde im Südwesten Berlins. Hier kam er in Kontakt mit dem großen Expressionisten Erich Mendelsohn, dem erfolgreichsten Architekten im Deutschland der Zwischenkriegsära. Als Mitarbeiter konnte Neutra Zeichnungen und Modelle für Mendelsohns bedeutende Hutfabrik Friedrich Steinberg anfertigen und war zudem am Projekt des Einstein Turms in Potsdam beteiligt. Mendelsohns Experimentieren mit dem damals neuen Baumaterial Stahlbeton eröffnete Neutra neue und zusätzliche Möglichkeiten der architektonischen Gestaltung.
Die neue Welt
1923 ging Neutra in die USA, wo er die beeindruckende Wolkenkratzer-Architektur von Chicago kennenlernte und zeitweise direkt bei Frank Lloyd Wright in Taliesin/Wisconsin arbeitete. 1925 zog er an die amerikanische Westküste nach Los Angeles, wo er zunächst ein gemeinsames Büro mit dem Architekten Rudolf Schindler betrieb, bevor er 1927 sein eigenes Architekturbüro eröffnete. Ab 1960 führte Neutra ein gemeinsames Büro mit seinem Sohn Dion. Mit Schwerpunkt in Kalifornien baute Neutra Villen, Schulen, Geschäftshäuser und Wohnsiedlungen, die bei aller Unterschiedlichkeit immer ein Motiv aufnahmen: Die Einbindung des Gebäudes in die Natur.
Neutra in Europa
In den 1960er Jahren entwarf Richard J. Neutra zahlreiche Häuser in Europa vor allem für Auftraggeber in Deutschland und der Schweiz. Das Interesse an Werk und Ideen Neutras war längst von Kalifornien aus wieder in der alten Welt angekommen. So entstand beispielsweise 1964 das Haus Rang, Königstein im Taunus – von Neutra behutsam und organisch in die umgebende Natur integriert.
Rückkehr nach Wien
Von 1966 bis 1969 lebten Richard J. Neutra und seine Frau Dione wieder in der Geburtsstadt Wien, 1969 kehrten beide zurück nach Los Angeles.
Partner Dion Neutra
Während Neutras Zeit in Europa leitete der Sohn und Architekturpartner Dion Neutra das gemeinsame Büro in Los Angeles.
Vortragsreise
1970 war Neutra zusammen mit seiner Frau Dione wiederum auf einer Vortragsreise in Europa. Am 16. April stirbt Richard J. Neutra nach einem Herzinfarkt in Wuppertal, wo er am Kemper Haus arbeitet, seinem letzten Projekt.
Ehrungen
Nach seinem Tod erhielt Neutra vielfache Ehrungen, u.a. vom American Institute of Architecture. Das Museum of Modern Art in New York ehrt ihn mit einer Retrospektive.
Richard J. Neutra
1892: Geburt am 8. April in Wien, Österreich
1911 - 1918: Studium an der Technischen Hochschule in Wien
1912: Besuch der privaten Bauschule von Adolf Loos, Wien
1919: Ausbildung zum Landschaftsgärtner bei Gustav Ammann, Zürich
1920 - 1921: Tätigkeit in Berlin und dem Bauamt der Stadt Luckenwalde
1921 - 1923: Mitarbeiter von Erich Mendelsohn, Berlin
1922: Heirat mit Dione Niedermann; aus der Ehe gehen drei Kinder hervor: Frank Lloyd, Dion und Raymond
1923: Mendelsohn und Neutra gewinnen den 1. Preis beim Wettbewerb für ein Geschäftszentrum in Haifa
1923: Übersiedlung in die Vereinigten Staaten von Amerika
1923 - 1924: Mitarbeiter von W. Holabird und M. Roche, Chicago
1924 - 1925: Mitarbeiter von Frank Lloyd Wright, Taliesin
1925 - 1927: Gemeinsames Büro mit Rudolf Michael Schindler, Los Angeles
1927 - 1970: Neutra gründet ein eigenes Atelier, das insbesondere Bungalows in Kalifornien, aber auch Wohnsiedlungen, Schulen, Kirchen und Krankenhäuser plant sowie Möbel entwirft
1929: Richard Neutra wird amerikanischer Staatsbürger
1930: Studienreise nach Asien und Europa, u.a. zum Bauhaus in Dessau
1932: Teilnahme an der legendären Ausstellung "International Style" von Philip Johnson und Henry-Russell Hitchcock im Museum of Modern Art (MoMa), New York
1947: Entwurf des berühmten Kaufmann House (Desert House) in Kalifornien
1948: Entwurf des Warren Tremaine House in Kalifornien
1954: Veröffentlichung seiner theoretischen Architekturphilosophie „Survival Through Design“ („Wenn wir weiterleben wollen“)
1960 -1963: Planung der Wohnsiedlungen Quickborn und Walldorf in Deutschland im Auftrag der Bewobau, Hamburg
1962: Neutras Biografie „Life and Shape“ („Auftrag für morgen“) erscheint
1966 - 1970: Gemeinsames Büro mit seinem Sohn Dion
1970: Neutra stirbt am 16. April im Haus Kemper in Wuppertal
(Quelle: Richard J. Neutra Gesellschaft, www.neutra-gesellschaft.de)
Neutras Biorealismus
Neutras architektonisches Hauptmotiv: die Einbindung des Menschen und des Hauses in die Natur, die Öffnung und Verbindung von Innen und Außen – diese wegweisende Perspektive für eine „Grüne Architektur“ wurde von ihm als Biorealismus bezeichnet. In Zusammenhang mit seinem ganzheitlichen Anspruch an die Architektur ist auch Neutras Beschäftigung mit Innenausstattung und Möbeln der von ihm entworfenen Häuser zu sehen. Dabei war ihm der Komfort enorm wichtig, der Mensch soll sich im Haus und mit den umgebenden Möbeln wohlfühlen. Neutra stellte stets den Kunden mit seinen konkreten Bedürfnissen in den Mittelpunkt.
Richard J. Neutra:
„Ein richtig entworfenes Haus ist eben nicht ein statisches Gehäuse, sondern gewissermaßen ein Spiegel des Naturgeschehens darum herum, und gerade dadurch eine immer neue Seelenerfrischung.“
Anknüpfen an Loos
Mit seinem Biorealismus nahm Neutra das Loos’ Plädoyer für Empathie wieder auf, wie er es in seiner Jugend in Wien kennengelernt hatte. Dabei ging es Adolf Loos um die enge und die Sinne ansprechende Beziehung zwischen der Gestalt eines Raumes und seiner Wirkung auf uns.
Teil der Natur
Der Mensch ist Teil der Natur. Deshalb erwartete Neutra von seiner Architektur, dass sie die umgebende Landschaft mit einschließt. Mögliche Baugrundstücke wurden von ihm z.T. auch bei Vollmond untersucht, um die beste Platzierung und Ausrichtung nicht nur zum Sonnen-, sondern auch zum Mondlicht zu gewährleisten. Gebäude, Mobiliar und Landschaft sollen sich zu einem ganzheitlich gestalteten, harmonischen Lebensraum zusammenfügen.
Biorealistische Gestaltung
Neutras Philosophie führte ihn zu den für ihn typischen Gestaltungselementen: eine vom Innenraum durch Glasschiebewand getrennte Terrasse lässt das Verhältnis zwischen Innen- und Außenraum unklar erscheinen, durch niedrige Brüstungshöhen bzw. raumhohe Glaswände ist das Innen und Außen eines Gebäudes eng verquickt. Neutra versuchte das Haus mit seinem Grund zu verweben. Dafür setzte er z.B. spiegelnde Wasserbecken oder seine berühmten „spider legs“ ein, Dachüberstände und Balken, die sich über die Außenmauern hinaus fortsetzen.
„Ankerstellen der Seele“
Nach seinem „biorealistischen“ Architekturverständnis waren Häuser für Neutra „Ankerstellen der Seele“, wie er in seinem 1962 deutsch erschienenen Buch „Auftrag für morgen“ („Life and Shape“, New York 1962) schreibt. Sie sollen für die Besitzer modern gestaltete, aber naturnahe Orte der Rekreation bieten.
Richard J. Neutra:
„Man stelle den Menschen in eine Verbindung mit der Natur; dort hat er sich entwickelt und dort fühlt er sich besonders zu Hause.“
Neutras Werk
Mit seinen lichtdurchfluteten Häusern hat er das Bild der kalifornischen Moderne geprägt. Von dort aus stieg er auf zu einer Architekturikone des „International Style“. Heute zählt Richard J. Neutra längst zu den bedeutenden Namen der modernen Architekturgeschichte. Zusammen mit Le Corbusier, Walter Gropius, Marcel Breuer und Mies van der Rohe gehört er zu den großen Pionieren der Architektur und zu den Wegbereitern der Moderne.
Zeitlose Avantgarde
Sein Werk ist avantgardistisch und zeitlos zugleich. Von 1932 bis 1970 hat Neutra mehr als 200 Projekte ausgeführt – Häuser und Villen, Krankenhäuser, Schulen, Museen, Hochhäuser, Kirchen, Konferenzzentren, Markthallen, Botschaften.
Lovell Health House, Los Angeles 1929
Planung und Bau des Lovell Health House machten Neutra international bekannt. Es war das erste Einfamilienhaus, das in den USA in Stahlskelettbauweise gebaut wurde, wie sie Neutra aus seiner Zeit in Chicago kannte. Das Haus fügt sich kühn in die Umgebung, es tauchte förmlich ein in die grünen Hügel von Los Feliz in Los Angeles. Große Glasflächen schaffen hohe Transparenz und minimieren den Gegensatz von innen und außen. Berühmt ist das Haus auch als Schauplatz zahlreicher Hollywood-Produktionen wie z.B. L.A. Confidential.
Eines der bedeutendsten Wohnhäuser
Die Stadtvilla Lovell Health House ist anerkanntermaßen eines der bedeutendsten Wohnhäuser des 20. Jahrhunderts. Die Herausforderung bestand nicht zuletzt in dem technisch sehr anspruchsvollen Baugrund – der Lage an einem sehr steilen Hang in Los Angeles. Eine Beton-Gangway überbrückt die Kluft zwischen Straße und Hauseingang. Das berühmte zweigeschoßige, verglaste Treppenhaus mit dem Ford-Automobilscheinwerfer als Beleuchtungskörper führt vom Straßenniveau (der Ebene der privaten Räume) hinunter – statt wie üblich hinauf – zur „Beletage“. Für das Lovell Health House hat Neutra u.a. Sessel und Sofa Alpha Seating sowie den Lovell Easy Chair entworfen – einen Sessel mit schlankem, dynamischem Stahlgestell, der das Zeug zum modernen Klassiker hat.
Neutras Entwurfsskizze
Richard J. Neutras Skizze des Lovell Easy Chairs von 1929 befindet sich heute im Archiv der UCLA University of California, Los Angeles.
International Style
Als einziger Architekt der amerikanischen Westküste wurde Richard Neutra 1932 mit seinem Lovell Health House und anderen Arbeiten bei der epochemachenden Ausstellung „Modern Architecture“ im New Yorker Museum of Modern Art präsentiert. Gefeiert wurde dabei ein neuer Stil, der moderne Architekten in Europa wie in den USA verbindet – der „International Style“.
US Patent 1936
Ursprünglich wurde der Cantilever Chair 1929 für das Lovell Health House entworfen. Seine charakteristische Stahlfeder sorgt dafür, dass die Beweglichkeit der Sitzfläche von der Rückenlehne getrennt ist – ein ergonomischer Vorteil. Neutra meldete seinen Cantilever Chair zum Patent an.
VDL Research House, Los Angeles 1932
Neutras berühmtes Wohnhaus VDL Research House, gebaut in Silver Lake/Los Angeles. Hier lebte Neutra mit seiner Frau, bis das Haus 1963 bei einem Brand völlig zerstört wurde. Wiederaufbau durch Richard und Dion Neutra.
Neutra in Los Angeles
Richard Neutra umgab sich auch in seinem eigenen Haus in Los Angeles mit von ihm entworfenen Möbeln wie dem Cantilever Chair.
Corona School, Bell, Kalifornien, 1935
Die erste von vielen Schulen, die Neutra entwarf. Er erweiterte die Corona School, die unorthodoxe räumliche Gliederung machte ihn als Architekt von Schulen ebenso berühmt wie als Erbauer von Villen und Einfamilienhäusern. Neutra hat den Bau von Schulen in Amerika geradezu revolutioniert. Ihm zufolge sollten Schulen eingeschossig gebaut werden; nicht nur wegen ebenerdiger Zugänge, sondern mehr noch wegen der sinnvollen Anbindung an die Natur und der Möglichkeit, die Größe eines Klassenzimmers quasi zu verdoppeln.
Quelle: WikiArchitectura
Nesbitt House, Los Angeles 1942
Für den befreundeten John Nesbitt, eine populäre Figur in Radio und Fernsehen, baute Neutra angesichts der kriegsbedingten Knappheit an Baustoffen in für ihn untypischer Weise, nämlich ganz aus Holz und ohne Stahlflügelfenster. So schuf er ein eng mit der natürlichen Umgebung verwobenes Haus mit spürbarer und raffinierter Rustikalität und sorgfältig geplanten Ausblicken. Für das Nesbitt House, in anderen Varianten auch für die Siedlung Channel Heights und das Logar House, hat er den Boomerang Chair entworfen – einer von Neutras großen Möbelentwürfen.
Nationale Popularität
Neutra präsentierte seinen Boomerang Chair 1945 auch in der populären Frauenzeitschrift Women’s Day Magazine. Er wird dort als „einer der führenden Innenarchitekten Amerikas“ gefeiert.
Channel Heights Projekt, Kalifornien, 1942
Neutras Planung der Anlage der Wohnsiedung Channel Heights. Das Wohnsiedlungsprojekt hat Neutra mit schlichten, modernen und gleichzeitig praktischen Möbeln ausgestattet, z.B. dem kompakten Channel Heights Stool aus Eichenholz, der auch als kleiner Beistelltisch eingesetzt werden kann.
Quelle: lamprecht archiTEXTural
Kaufmann House, Palm Springs, Kalifornien, 1947
Eine Ikone der modernen Architektur: Neutra hat diese großartige moderne Villa eingebettet in die wilde, ursprüngliche Wüstenlandschaft rund um Palm Springs. Das „Desert House“ wirkt schwerelos. Das Tragwerk kombiniert Holz und Stahl so geschickt, dass die Anzahl der erforderlichen (ohnehin schlanken) Stützen beschränkt werden konnte und das berühmte „schwebende“ Erscheinungsbild der Villa verstärkte.
In der Landschaft
Die vierflügelige Anlage des Hauses ist perfekt in die Landschaft eingebunden. Neutra sorgt dafür, dass alle vier Trakte natürlich belichtet und durchlüftet werden können. Der Wohnraum liegt in der Mitte.
Tremaine House, Montecito, Kalifornien, 1948
Neutra hat hier eine reine Stahlbetonkonstruktion ausgeführt wegen der hohen Waldbrandgefahr der Gegend. Für die Wände sind raue Natursteine eingesetzt, die Terrazzoböden setzen sich von innen nach außen fort. Die Innenräume fließen mit Leichtigkeit ineinander und lassen sich einfach mit Schiebewänden umbauen. Für das Haus hat Neutra den Tremaine Side Chair entworfen – ein Stuhl, der perfekt den Lifestyle der beginnenden 1950er Jahre lebendig werden lässt.
Logar House, Granada Hills, 1951
Für dieses Haus hat Neutra seinen berühmten Camel Table entworfen. Die Stahlbeine können eingeklappt werden (wie bei einem sich hinsetzenden Kamel) und ergeben eine niedrige Beistelltisch-Höhe. So verwandelt sich der Camel Table vom Ess- zum niedrigen Beistelltisch.
Time Titel
Das Time Magazine ehrt Neutra 1949 mit einer Titelstory als bedeutenden Vertreter des „International Style“.
Haus Rang, Königstein im Taunus, 1964
Neutras erstes Haus in Europa, realisiert 1962-64. Zu Beginn der 1960er Jahre war Neutras Ruhm längst auch in Europa angekommen. Prof. Dr. Martin Rang, Direktor des pädagogischen Seminars der Universität Frankfurt, wandte sich mit seinem Bauvorhaben direkt an Neutra. Ein von Bäumen und Wald umrahmtes Grundstück erlaubte es, den Bungalow perfekt in die umgebende Natur einzubetten.
Haus Rentsch, Wengen, Schweiz, 1965
Der Bauplatz in Wengen im Berner Oberland mit seiner spektakulären Aussicht auf das Jungfraumassiv stellte aufgrund der hochalpinen Bedingungen neue und ganz andere Herausforderungen für Neutra als seine Bauten im sonnigen Kalifornien.
Bedeutende Bauten von Richard J. Neutra
1927 - 1929: Planung und Bau des Lovell-Health-House, das Neutra international bekannt machte
1931: Bau seines Wohnhauses "Van-der-Leeuw-Research-House" (VDL) in Los Angeles
1935: Corona School, Bell, Kalifornien
1940: Kahn House, San Francisco
1942: Branch House, Los Angeles Nesbitt House, Los Angeles Wohnsiedlung Channel Heights, San Pedro, Kalifornien
1945 - 1948: Teilnahme am "Case Study House" Programm von John Entenza mit dem Haus Nr. 20 - "Bailey-House"
1947: Kaufmann House (Desert-House), Palm Springs, Kalifornien
1948: Tremaine House, Montecito, Kalifornien
1950: Haus Dion Neutra (Reunion House), Los Angeles, Kalifornien
1951: Logar House, Granada Hills, Kalifornien
1960 - 1963: Planung der Wohnsiedlungen Quickborn und Walldorf in Hamburg
1960 - 1970: Weitere Architekturtätigkeiten in Europa (Deutschland), z. B. Haus Rang (1964) in Königstein, Haus Pescher (1968) und Haus Kemper (1965) in Wuppertal
1963: Das VDL-Research-House wird bei einem Brand völlig zerstört. Wiederaufbau durch Richard und Dion Neutra
1963: Entwurf Lincoln-Memorial-Museum in Gettysburg, Pennsylvania
1966: Haus Bucerius, Navegna, Schweiz VDL Research House II, Los Angeles
Neutra und VS
VS ist als Hersteller von Schul- und Büromöbeln international aktiv, die Möbel werden auch in den USA vertrieben. In Silverlake, Los Angeles, wo Neutra einst selbst wohnte und einige seiner Häuser entstanden, gibt es heute einen eigenen VS Showroom. In diesem Zusammenhang ergab sich der erste Kontakt zu Neutras Sohn und Architekturpartner Dion. Er erzählte von den Möbelskizzen Neutras und begeisterte sich für „German Engineering“. Dion Neutra war auf Anhieb überzeugt von der Präzision, mit der VS Möbel herstellt, und von der Langlebigkeit der Qualitätsprodukte.
Schatz gehoben
Thomas Müller, Geschäftsführer von VS, durchforstete Neutras Nachlass in der University of California und konnte dabei einen Schatz bergen: Zeichnungen von 28 Neutra-Möbelstücken. Viele von ihnen wurden als Einzelstücke oder Kleinserien für Neutras Häuser entworfen, einige jedoch existierten bis dahin nur als Skizze. VS sicherte sich 2012 von Dion Neutra die Lizenzrechte.
Schulgeschichte
Befasst man sich mit der Geschichte von VS und mit Neutras Werk, fallen einige Parallelen auf. VS fertigte bis in die 1930er Jahre Möbel und Lehrmaterialien für Montessori-Schulen und begann schon in den 1920er Jahren freies Schulgestühl zu bauen, als alle anderen noch starre Bänke herstellten. Auch Neutra zeichnete in seinen Skizzen für die Corona School, eines seiner zahlreichen Schulprojekte, bereits 1935 variable Möbelstücke.
Zusammenarbeit mit Dion Neutra
Mit Dion Neutra war sich VS-Geschäftsführer Thomas Müller schnell einig, die Möbelentwürfe Richard Neutras wieder aufzulegen oder gar erstmals zu realisieren. Nicht zuletzt die Beständigkeit der Neutra-Entwürfe war es, die ihn auf Anhieb überzeugte.
Als Möbeldesigner entdeckt
Richard J. Neutra betrachtete Möbel als wesentlichen Bestandteil seines fest in der Moderne angesiedelten Schaffens. In den 1920er bis 40er Jahren entwarf er diverse Möbel als Einzelstücke oder Kleinserien für die Villen und Wohnbauprojekte seiner Bauherren sowie für seinen persönlichen Gebrauch. Einige seiner Entwürfe existierten bis vor kurzem nur in Skizzenform; andere dagegen waren nur in Einzelausführung vorhanden oder verfügten über Spezifikationen, die strikt an bestimmte Projekte angepasst waren.
Herstellung
Möbelstücke aus der Neutra Furniture Collection by VS werden einzeln von erfahrenen Handwerkern gefertigt, wobei nur erstklassige Materialien gemäß einer harmonisch aufeinander abgestimmten Spezifikationspalette verwendet werden. Das Ergebnis sind hochkarätige Möbel nach Maß. Genau so, wie Richard J. Neutra sie sich gewünscht hätte.
VS Entwicklungsstärke
Vermutlich wusste Dion Neutra, selbst Architekt wie sein Vater, wie viel Genauigkeit es erfordert, die Entwürfe seines Vaters umzusetzen. Wie realisiert man die Ideen von jemandem, der nicht mehr lebt? Viele Maße fehlten, Entwürfe waren nur in Skizzenform vorhanden. Schon eine falsche Sitzneigung von ein oder zwei Grad verändert das Aussehen eines Stuhls. VS ließ deshalb den Produktdesigner Nicolai Fuhrmann die Zeichnungen interpretieren. Mehrmals kam Dion Neutra nach Deutschland, um Prototypen abzunehmen, andere wurden zu ihm in die USA geschickt.
Test bestanden
In den Prüflabors von VS wird sichergestellt, dass die Sessel, Stühle und Tische der Neutra Furniture Collection by VS allen Sicherheitsanforderungen entsprechen. Neutra selbst musste diese Standards nicht beachten, weil seine Möbel Einzelstücke waren. Eine besondere Herausforderung war der Camel Table. Er lässt sich vom Couch- zu einem Esstisch wandeln, indem man seine Beine auseinanderschwenkt. Den Mechanismus hat sich Neutra von einem aufstehenden Kamel abgeschaut. VS hat dafür eine Schnellverriegelung mit Einhandbedienung entwickelt, damit er sich elegant aufklappen lässt und sicher steht.
Exklusive Manufakturkollektion
Seit 2012 hat VS exklusiv die Rechte für die Neutra-Möbel inne. Die Stücke wurden von VS analysiert und detailreich dokumentiert. Die Prototypen-Entwicklung, die Tests und die Auswahl authentischer Materialien erfolgten in Zusammenarbeit mit Neutras Sohn und Architekturpartner, Dion Neutra. Das Ergebnis ist eine exklusive Kollektion, gefertigt von VS in Deutschland.
Certificate of Authenticity
Jedes Möbel aus der Neutra Furniture Collection by VS ist ein hochwertiges Einzelstück. Dafür bürgt das „Certificate of Autheticity“.
Neutra Herstellung
Möbelstücke aus der Neutra Furniture Collection by VS werden einzeln von erfahrenen Handwerkern gefertigt, wobei nur erstklassige Materialien gemäß einer harmonisch aufeinander abgestimmten Spezifikationspalette verwendet werden. Das Ergebnis sind hochkarätige Möbel nach Maß. Genau so, wie Richard J. Neutra sie sich gewünscht hätte.
Exklusives Vierer-Gespann
Lovell Easy Chair, Cantilever Chair, Boomerang Chair und Organic Table aus der Neutra Furniture Collection by VS.
Lob der Handwerkskunst
„Ein nützlicher Gegenstand kann nur aus ‚den besten Materialien’ und ‚mit größter Sorgfalt’ entstehen“, war das Credo von Loos. Neutra merkte dazu an: „Sollte ich angeben, was mich an ihm am meisten beeindruckt hat, dann sicher sein unerschütterlicher Glaube an Dauerhaftigkeit im Verhältnis zum Kommen und Gehen in der Mode etwa… Loos war voller Bewunderung für das Handwerk“.
Handwerksqualitäten
Zu seinem Tremaine Haus merke Neutra an: „Dabei besteht das Ziel der ganzen Inneneinrichtung mehr in den dauerhaften Handwerksqualitäten ihrer Ausführungen denn in Luxus.“